Pränataldiagnostik (PND) ist solange legitim, solange sie im Interesse des Fötus durchgeführt wird, solange sie das Leben und die Integrität des Embryos und des menschlichen Fötus achtet und auf seinen individuellen Schutz oder seine individuelle Heilung ausgerichtet ist, solange sie es mithin möglich macht, den vorgeburtlichen Zustand des Embryos und des Fötus zu erkennen und therapeutische Maßnahmen zu ergreifen. Erfahrungen in vier Jahrzehnten PND zeigen allerdings, dass sie häufig nicht im Interesse des Fötus, sondern im Interesse einer Gesellschaft durchgeführt wird, die der Geburt behinderter Kinder durch deren Abtreibung zuvorkommen will. Ziel der PND ist dann nicht mehr die Therapie von Erkrankungen oder Behinderungen, sondern die Selektion der Behinderten vor der Geburt. Die PND hat deshalb gravierende Auswirkungen auf das Schwangerschaftserleben und auf die Stellung des Kindes, aber auch auf das Selbstverständnis des Arztberufes und die Aufgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung. In der Logik der selektiven PND liegen die Entwicklung nicht-invasiver Verfahren wie des Bluttestes und die Präimplantationsdiagnostik. Am Ende steht die eugenische Gesellschaft, die eine ungetestete Schwangerschaft für verantwortungslos hält.

Autor: Spieker, Manfred
Erscheinungsjahr: 2012
Umfang: 10 Seiten
Medientyp: Fachbeitrag
In: IMABE - Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik (Hg.): Imago Hominis 4/2012. Pränatale Diagostik. 19/4
Ort: Wien
Verlag: IMABE
Datenbank-ID: 2012-SPI-0072